Zum 135jährigen Vereinsjubiläum hatte der Gemischte Chor Havighorst-Boberg von 1882 die Sängervereinigung Mainz-Laubenheim zu einem Chorkonzert nach Hamburg eingeladen, das vom 25. bis 28. Mai 2017 stattfand. Beide Chöre pflegen seit dem Chorfestival in Hamburg 1983 freundschaftliche Kontakte, eine Verbindung, die darüber hinaus zu vielen persönlichen Freundschaften geführt hat.
Bei hochsommerlichen Temperaturen brachen 35 Sängerrinnen und Sänger aus dem Männer- und aus dem HeartChor zu einer Konzertreise auf, die zu einem Höhepunkt des diesjährigen Vereinslebens werden sollte. Nach einem zünftigen Mainzer Frühstück mit „Weck, Worscht un Woi“ an der Autobahnraststätte Cuxhagen erreichten wir dank des Busfahrers, der durch gute Routenplanung zwei große Staus umfahren konnte, pünktlich das Tagungshotel in Hamburg-Nettelnburg, wo uns eine Abordnung der Hamburger Chorfreunde einen herzlichen Empfang bereitete.
Für den gemeinsamen Abend, der unter dem Motto „Maritim“ stand, hatten sich die Hamburger etwas Besonderes ausgedacht. Sämtliche Tische im Vereinsheim von Bergedorf waren mit den Namen bekannter Hamburger Persönlichkeiten ausgeschildert. Die Lose mit den entsprechenden Konterfeis wiesen die Teilnehmer an die entsprechenden Tische, so dass eine gemischte Reihe von Hamburger und Laubenheimer Chormitgliedern bildet wurde. So kam man sich näher. Dargebotene Ratespiele und gemeinsam gesungene Shanties halfen dabei. Mit einem opulenten Abendessen endete der Tag.
Für den nächsten Vormittag waren eine Stadtführung und eine Barkassenfahrt geplant. Wir trafen uns mit der Stadtführerin auf dem Rathausmarkt. Vor dem Gang durch die Altstadt wurden die vorbeiziehenden Touristen mit dem Karnevalslied „Im Schatten des Doms“ begrüßt.
Die Grundsteinlegung des jetzigen Rathauses erfolgte 1886, nachdem das alte Rathaus an der Trostbrücke 1842 während des Großen Brandes gesprengt wurde. Der Gestaltung des Rathausplatzes nach venezianischem Vorbild plante u.a. Gottfried Semper (Semper-Oper). An der nördlichen Seite des Rathausmarktes befindet sich das Ehrenmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges. Errichtet 1930 mit einem Relief einer Mutter mit ihren Kind von Ernst Barlach. 1939 wurde das Relief von den Nazis entfernt und durch einen emporsteigenden Adler ersetzt. Da sich der Entwurf von Barlach erhalten hatte, konnte nach der Naziherrschaft 1949 das Original wieder rekonstruiert werden.
Noch während der Bauzeit des Rathauses wütete 1892 die Cholera in Hamburg. Über 8000 Tote waren zu beklagen, da der Senat der Stadt es bis dahin nicht für nötig gehalten hatte, für sauberes Trinkwasser zu sorgen. Die sog. „Gängeviertel“ (Slums) der armen Leute am Hafen und an der Alster bezogen ungefiltertes Elbwasser. Der „Hygiene-Brunnen“ auf dem Innenhof zwischen Rathaus und Börse erinnert an diese Epidemie.
Weiter ging es zur St. Nikolai-Kirche. Zerstört 1943 während der Luftangriffe auf Hamburg, ist die Ruine heute zentraler Ort der Erinnerung und des Gedenkens an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft der Jahre 1933 bis 1945.
Fast vier Tage wütete der große Brand 1842, der ein Viertel der Stadt vernichtete und in der Deichstraße, das nächste Ziel unserer Führung, seinen Ausgang nahm.
Am Ende der Rundgangs stand die Besichtigung der „Krameramtswohnungen“ (Kramer=Krämer=Kolonialwarenhändler). Es sind die letzten Reste einer Wohnbebauung aus dem 17. Jahrhundert. Sie liegt in unmittelbarer Nähe des Michels. Die Wohnungen waren für die Witwen verstorbener Zunftmitglieder, deshalb auch „Kramer-Witwen-Wohnungen“ genannt. Dass hier ausschließlich alte Frauen wohnten, hing mit der Hinterbliebenenversorgung zusammen. Alte Kramer pflegten nach dem Tod ihrer Gattinnen nochmals zu heiraten, alten Witwen jedoch bot sich eine solche Chance nicht, und so schuf man für diese eine für damalige Verhältnisse vorbildliche Wohnanlage. Sie wurde bis 1968 noch als solche genutzt.
Den Ausklang bildete ein Orgelkonzert in der St. Michaelis-Kirche („Michel“), der bedeutendsten Barockkirche Norddeutschlands. Nach einer zweistündigen Hafenrundfahrt ging es zurück nach Hamburg -Nettelnburg. Abends im Vereinsheim war eine gemeinsame Probe eines bis dato in beiden Chören unbekannten Liedes mit dem Titel „We go together“ angesetzt. Der fantasievolle Text, in Anlehnung an das Musical „Grease“, machte mit den vielen Zungenbrechern allen Teilnehmern großen Spaß.
Am nächsten Tag, ein Samstag, war für den Vormittag Freizeit angesagt. Mit etwas Glück konnte man vor dem großen Touristenansturm auf den Außenrundgang der Elbphilharmonie, Hamburgs neues Wahrzeichenkonnte, gelangen und einen Rundblick über die Stadt und Hafen genießen. Am späten Nachmittag dann war zum Jubiläumskonzert geladen worden. Eine Mischung aus traditionellem und modernem Liedgut brachte der aus lediglich dreizehn Laubenheimer Männern bestehende Chor zu Gehör, während der HeartChor in größerer Besetzung mit modernen Werken von Jenkins, Michael Jackson und Eric Clapton aufwarten konnte. Besonders beeindruckend war die Interpretation von Herbert Grönemeyers „Land unter“ durch den Hamburger Chor. Mit diesem Lied hatte der Chor beim Chorfestival in Stuttgart 2016 einen Sonderpreis ersungen. Frenetischer Beifall war der Dank der Zuhörer. Mit „We go together“ standen nochmal alle Interpreten auf der Bühne. Zum Abschluss gab es ein reichhaltiges Büffet. Bei gemütlichem Beisammensein und Tanz klang der Abend aus.
Am nächsten Morgen galt es Abschied zu nehmen. Bei Einsetzen der „Irischen Segenswünsche“ gaben sich alle Teilnehmer die Hand. Es war ein sehr bewegender Abschied, zumal es aus heutiger Sicht fraglich erscheint, ob der Männerchor aus Altersgründen wegen der schwachen Besetzung jemals wieder zu einer Freundschaftsreise nach Hamburg aufbrechen kann.
Die Sängervereinigung 1844/71 Mainz-Laubenheim dankt ihren Hamburger Freunden für die herzliche Aufnahme und die perfekte Betreuung.
Zum Schluss noch einen besonderen Dank: In Anlehnung an Grönemeyer und sein „Land unter“ übernahm wieder der umsichtige Busfahrer der Fa. Bohr „die Wacht und brachte uns sicher durch den Sturm“ (Stau) nach Laubenheim.
von Detert Zylmann
Hier geht’s zum HaBo-Artikel über die Feierlichkeiten zum 135. jährigen Jubiläum …